Chronisches Erschöpfungssyndrom

Chronisches Erschöpfungssyndrom (chronisches Ermüdungssyndrom, chronique fatigue syndrome, CFS): Erst in den 1980er Jahren (an)erkanntes, wahrscheinlich nicht einheitliches Krankheitsbild, gekennzeichnet durch lang andauernde, abnorm starke geistige und körperliche Erschöpfbarkeit sowie durch eine typische Kombination weiterer Beschwerden wie Schlaf-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Hals-, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie eine Verschlechterung des Zustands nach jeder Art von Anstrengung. Am häufigsten erkranken Frauen zwischen 30 und 45 Jahren, insgesamt soll es in Deutschland 300.000 Betroffene geben.

Vom chronischen Erschöpfungssyndrom ist die (krebsassoziierte) Fatigue abzugrenzen, die zwar ähnliche Beschwerden bereitet, aber eine klare Ursache und einen besseren Verlauf hat.

Leitbeschwerden

  • Erschöpfungszustand, der länger als sechs Monate andauert und die Lebensqualität stark einschränkt
  • Schlafstörungen
  • Vermindertes Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsschwierigkeiten
  • (Früher nicht oder nicht so gekannte) Kopfschmerzen, Halsschmerzen
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Empfindliche Lymphknoten an Achseln und Hals
  • Zustandsverschlechterung nach Anstrengung, keine Besserung nach Schonung oder Ruhe
  • In 40 % psychiatrische Folgeerkrankungen, meist eine Depression oder Angsterkrankung
  • Überzufällig häufig Lebensumstände, die als aussichtslos erlebt werden (z. B. chronische Konflikte)
  • Überzufällig häufig gleichzeitig Fibromyalgie oder MCS-Syndrom

Die Erkrankung

Die Ursachen des chronischen Erschöpfungssyndroms liegen im Dunkeln. Am ehesten handelt es sich nach heutigem Verständnis um eine Erkrankungsgruppe mit verschiedenen Auslösern, relativ einheitlichem akutem Krankheitsbild und wiederum unterschiedlichen Krankheitsverläufen (siehe unten). Als (Teil-)Ursachen werden vermutet:

  • Eine Schwächung oder Fehlsteuerung des Immunsystems in dem Sinne, dass das Zusammenspiel zwischen Immunsystem, Nervensystem und Hormonsystem sowie elementaren Biorhythmen von Schlaf- und Wachphasen, Leistungs- und Erholungsphasen aus dem Tritt geraten ist. Dafür spricht, dass die Symptome häufig nach einer akuten Infektionskrankheit einsetzen.
  • Traumatische Erlebnisse in der Kindheit (wobei Kinder und Jugendliche selbst praktisch nie an einem chronischen Erschöpfungssyndrom erkranken)
  • Negativer Stress
  • Umweltgifte
  • Eine genetische, also vererbte Bereitschaft, an einem chronischen Erschöpfungssyndrom zu erkranken.

Die klassische Erkrankungsform beginnt plötzlich – wie erwähnt oft in der Folge eines Infekts, von dem sich der Betroffene über viele Wochen nicht zu erholen scheint. Die Leistungseinschränkung kann so ausgeprägt sein, dass das Haus nicht verlassen werden kann und sogar weitgehende Bettlägerigkeit besteht. Nach Monaten bis wenigen Jahren kommt es zur Besserung, wobei häufig nicht zu entscheiden ist, ob diese durch eine bestimmte Behandlung erreicht wurde oder spontan erfolgte. Die Rückfallrate ist hoch, besonders nach Infekten, physischer Belastung und Stressperioden. 20 % der Kranken sollen auf Dauer eingeschränkt bleiben bis hin zur Invalidität. Besonders diese Gruppe ist selbstmordgefährdet. Eine andere Verlaufsform beginnt schleichend und verschlechtert sich über die Zeit, die Chancen auf Erholung sind hier wesentlich niedriger.

Das macht der Arzt

Die Diagnose eines chronischen Erschöpfungssyndroms ist eine Ausschlussdiagnose, das heißt, alle anderen Krankheiten (wie Schlafstörungen oder Depression), die ähnliche Beschwerden hervorrufen können, müssen sicher ausgeschlossen sein. Typische Labor- oder Untersuchungsbefunde, die ein chronisches Erschöpfungssyndrom belegen würden, gibt es nicht.

Wissenschaftlich gesicherte oder auch nur allgemein anerkannte Therapieempfehlungen liegen nicht vor. Es besteht nur insoweit Einigkeit, als dass sich die Therapie an den für den Erkrankten am meisten belastenden Beschwerden orientieren sollte: So profitieren viele Patienten mit Gelenk- oder Kopfschmerzen von NSAR-Schmerzmitteln und auch von Antidepressiva oder anderen, das Aktivitätsniveau stimulierenden Psychopharmaka. Vielen Patienten wird eine Gesprächspsychotherapie vorgeschlagen, wobei der Nutzen für den Einzelnen aber sehr unterschiedlich ist. Gesichert ist aber die Wirksamkeit einer ausreichend langen und speziell auf Patienten mit chronischem Erschöpfungssyndrom zugeschnittenen Verhaltenstherapie.